Der Countdown läuft: Vom 1. Dezember an finden in Göteborg die EuroSkills statt, die Europameisterschaften der nichtakademischen Berufe. Drei Tage lang zeigen die 488 Teilnehmer aus 28 europäischen Ländern und Regionen und sieben nicht-europäischen Ländern, was sie handwerklich alles drauf haben. Mit dabei ist auch das Team von WorldSkills Germany und dem Zentralverband des Deutschen Handwerks. Für das deutsche Team gehen 24 jungen Fachkräften in 16 Einzel- und 3 Teamwettbewerben sowie einer Präsentationsdisziplin an den Start. Wir werden hier auf Mottek und Bommel von den Wettkämpfen berichten.
Einer, der genau weiß, wie sich ein solches Riesenevent anfühlt, wie viel Vorbereitung dahinter steckt und welche Erfahrungen man mit nach Hause bringt, ist Manuel Chmiel. Der 23-jährige Schreiner war im vergangenen Jahr bei den WorldSkills in Sao Paulo Teil des deutschen Teams. Für uns hat er seine Erinnerungen aufgeschrieben.
„WorldSkills, das ist der weltweit größte Wettbewerb für nichtakademische Berufe. Bereits von den WorldSkills 2013 in Deutschland hatte ich gehört und zahlreiche Videobeiträge im Internet gesehen. Dass ich selbst der nächste Teilnehmer wäre, das vermochte ich mir damals nicht vorzustellen. Doch als ich im Juli 2014 meine Ausbildung als Schreiner in der Berufsschule in Kaufbeuren abschloss und als Prüfungsbester zuerst am Kammerwettbewerb, dann am Landeswettbewerb und zum Schluss am Bundeswettbewerb teilnehmen durfte, wurde der Traum langsam etwas greifbarer. Als ich dann im November 2014 beim Bundewettbewerb den ersten Platz belegte, hatte ich mein Ticket für Brasilien erhalten – ohne zu wissen, was auf mich zukommt, wie das alles ablauft, was ich dort machen müsste und wie lange mich die WorldSkills begleiten würden.

Im Januar begann für mich ein umfangreiches Training. Am Anfang stand die Ausrüstung mit Werkzeug der Firmen Bessy, Dictum und Festool. Diese drei Firmen waren auch dauerhafter Begleiter und Unterstützter. Mit diesem Werkzeug habe ich von Januar bis August täglich trainiert. Neben sechs Wochen Vollzeittraining bei meinem Trainer Florian Langenmair gab es auch eine Woche öffentliches Training auf der Fachmesse LIGNA in Hannover. Zudem habe ich jeden Tag daheim mehr als drei Stunden geübt. Immer wieder musste man sich dabei selbst motivieren. Nach der Arbeit, wenn alle Kollegen heimgegangen waren, fing ich an Zinken, Schlitz, Zapfen und andere Verbindungen zu üben. Anreißen, sägen, stemmen, zusammenbauen, überprüfen, wegschneiden und wieder von vorne. Sägemethoden verfeinern, schneller werden, Besser werden, der Beste werden. Das ist der Ansporn – schließlich will man optimal vorbereitet sein auf die Weltmeisterschaft.
Im August war es so weit. Von Frankfurt aus machten wir uns zusammen mit dem deutschen Team und den Experten auf nach Sao Paulo in Brasilien. Nach einem langen Flug kamen wir an. Es war gerade 6 Uhr in der Früh und die Sonne ging auf. Wir fuhren mit dem Bus zu unserem Hotel. Schon die Fahrt zeigte, wie unterschiedlich Brasilien ist. Ganz anders als Deutschland und auch in sich so unterschiedlich. Arm und Reich. Dreckig und sauber. Bunt und grau aber zumindest nach außen hin immer freundlich und fröhlich. Faszinierend ist auch die andere Umwelt. Tropisch, bunt, andere Tiere und andere Gepflogenheiten.

Nach einer gigantischen Eröffnungsfeier, die Brasilien in seinen vielfältigen, bunten Lebensarten zeigte, war es so weit. Der Wettbewerb begann.
Die Aufgabe sah von Anfang an Machbar aus. Das Stück war ja als Testprojekt allen Teilnehmern bereits bekannt. Die 30-prozentige Änderung zeigte zwar einige neue Schwierigkeiten, allerdings fielen auch andere Schwierigkeiten weg. An den vier Wettbewerbstagen entstand das Werkstück langsam und Schritt für Schritt. Wichtig ist es, in Baugruppen zu denken und nicht das Stück als Ganzes zu sehen. So kann man zum Beispiel die Schublade, den Korpus, die Türen und die Deckelplatte jeweils für sich sehen. Trotzdem muss man an allen Teilen gleichmäßig weiterarbeiten. Leimzeiten müssen überbrückt werden. Man kann nicht immer an die stationären Maschinen heran und manchmal legt man etwas zur Seite, weil man sich lieber noch mal mit seinem Trainer besprechen will. Alles in allem liefen alle Tage sehr gut. Ich bin mit der Zeit gut hingekommen.
Am Ende des Wettbewerbes ist es dann schon eine Erleichterung, wenn man alles zusammen hat und noch genügen Zeit ist um alles noch einmal zu überprüfen, zu schleifen und die Kanten zu brechen.
Was macht den Unterschied? Ich bin am Ende auf dem 13. Platz gelandet. Ein Ergebnis, zu dem ich stehen kann, mit dem ich sehr zufrieden bin. Mein Ansporn war es, nie den Spaß an meiner Arbeit zu verlieren, zielstrebig zu arbeiten und mit meinem Ergebnis zufrieden zu sein. Ich habe eine „Medallion for Excellence“ bekommen, welche überdurchschnittliche Leistungen auszeichnet. Aber warum reichte es ‚nur‘ für den 13. Platz? Den Weltmeister und mich trennten in der Bewertung lediglich sechs Punkte. Das ist nicht viel. An der Spitze ist es unglaublich eng. Das Leistungsniveau ist extrem hoch und es kommt auf jede noch so kleine Ungenauigkeit an. Eine kleine Unkonzentriertheit kann schon mehrere Punkte kosten.

Abschließend kann ich sagen, dass ich in vielerlei Hinsichten von WorldSkills profitiert habe. Es war einzigartig zu sehen, wie junge Menschen zusammenkommen, um sich zu messen, wie man selbst über sich hinauswachsen kann, wenn man sich immer wieder motiviert und an sich arbeitet. Begeistert hat mich auch die breite Unterstützung, die ich durch meine Familie, meine Kollegen, die Sponsoren, meinen Trainer und WorldSkills Germany erfahren habe.